Auf der Suche nach bewährten Regelwerken für die Fehnsabers bin ich auf viele verschiedene Variationen von Regelwerken gestoßen, deren Gemeinsamkeiten bzw Unterschiede manchmal nicht direkt ersichtlich sind. So ist es mir nicht klar gewesen, wie die verschiedenen bestehenden Gruppen zusammenhängen. Was ist eine Vereinigung, was ist ein Verein? Wer betreibt seine Schule kommerziell, wer hat eher den Community-Gedanken im Kopf?
Wie all diese Gruppen ihren kämpferischen Alltag regeln, wer wohin gehört und warum einige Gruppen mehr und einige weniger Schutzausrüstung verlangen – das versuche ich in diesem Beitrag zu klären. Ich plane auch, diesen Artikel zu korrigieren oder zu erweitern, je nachdem wie sich meine Einsichten in das Thema ändern oder was für Feedback ich dazu bekomme. Weiterhin müsst ihr beim lesen daran denken, dass ich hauptsächlich die Punkte heraussuche, die ich aktuell für interessant halte. Ebenso werde ich nicht auf die vielen kleinen Besonderheiten eingehen, weil diese für den direkten Vergleich nicht entscheidend sind. Ich stelle beim lesen auch fest, dass manche Begriffe nicht überall gleich gedeutet werden. Ihr könnt aber gerne im Detail nachlesen. Wenn weiter Infos oder Links vorhanden sind, verlinke ich alles, was ich kann.
Wenn ihr also etwas lest, das ich eurer Meinung nach falsch verstanden habe, bitte ich um Nachricht. Hier nun also die wichtigsten Punkte, die ich für mich den jeweiligen Regelwerken entnommen habe. Generell muss ich sagen, dass einige Regelwerke einfacher zu interpretieren waren als andere. Einige Dokumente beschränken sich auf den konkreten Anwendungsfall im Training, andere umfassen mit mehreren dutzend Seiten den Betrieb von Schulen, Turnieren und noch mehr. Einige Regelwerke sind extremst detailliert, zum Beispiel die Trefferfläche der Hand: Finger NOK, Handrücken OK.
SSL – Sport Saber League
Die Sport Saber League nutzt das L.S.O.T. Regelwerk. Ein grober Überblick:
- Schadenspunkte werden abgezogen, nicht addiert
- Hände sind keine validen Trefferflächen
- Ununterbrochenes Kämpfen: Nach einem gültigen Punkt wird der Kampf nicht unterbrochen
- Nur Semi-Kontakt
- Die Klinge muss in einem 90° Winkel bewegt werden
- Treffer mit der Spitze ohne eine nennenswerte Fläche der Klinge zählen nicht
- Trifft die Kline fast parallel zur Oberfläche, zählt der Treffer nicht
- Doppeltreffer zählen, beide Kämpfer verlieren Punkte
- Stiche sind nicht erlaubt
- Unbewaffnete Techniken sind nicht erlaubt
ASL-FFE
ASL = Academie de Sabre Laser // FFE = Federatin Francaise d’Escrime (Französischer Fechtverband) nutzt ein gleichnamiges Regelset (oder es gibt keinen eigenen Namen). Ein großer Vertreter dieses Regelsets ist TPLA, die auch viele gute Videos zum Thema haben, die die Regeln erklären.
- Es gilt das Angriffsrecht (verschiedene Arten für den Beginn und während eines Austausches)
- Hände sind gültige Trefferfläche
- Vorgeschriebene Ausrüstung: Gi Jacke, 350N Fechtmaske, HEMA (oder Hockey) Handschuhe, Hockey Brustschutz, Knie- und Ellenbogenschutz, Eierbecher
- Stiche sind verboten
- Erwibt einer der Kämpfer das Angriffsrecht (zu Beginn oder während eines Austausches), MUSS der Gegner diesen Schlag parieren oder ihm Ausweichen.
- Salvo: Das Angriffsrecht bleibt nach einem gültigen Treffer bestehen, bis der Gegner sich erfolgreich verteidigt. Gegenangriff ist aufgrund des Angriffsrechts nicht gestattet.
Aiken Saber Academy
Die Aiken Saber Academy benutzt ein modifiziertes Regelset, zusammengesetzt aus LSOT und ASL: SITS (Saber Integrated Training System). Ein Match besteht aus mehreren Runden mit unterschiedlichen Regeln nacheinander gekämpft: Rght of Way und Melee.
- Angriffsrecht: Wer seinen Schlag zuerst „auflädt“ (Spitze hinter den Körper), hat das Angriffsrecht. Nach erfolgreicher Verteidigung geht das Angriffsrecht automatisch auf den Verteidiger über, der auch wieder „aufladen“ muss.
- Semikontakt
- Trennung nach Treffer
- Hand ist Trefferfläche (Hinterkopf, Unterleib und Füße sind NOK)
- Kein Stechen
- Ununterbrochener Kampf: Right of Way: N // Melee: Y
- Kein Ringen
TSL – The Saber Legion
Zu The Saber Legion habe ich das „official event rules and guidelines“ analysiert. Außerdem gibt es noch das „Unity Ruleset„. Die auf der Webseite verlinkte Version ist von 2019, von einem Mitglied der FB Guppe „International LED Saber Assiciation“ habe ich aber eine Verision von 2022 bekommen.
- Ununterbrochenes Kämpfen – zumindest ungefähr. Die Regeln sagen, dass sich jemand, der einen Treffer kassier hat, kurz aus der mittleren in die weite Mensur entfernen soll. Eine Unterbrechung durch einen Ringrichter ist das aber nicht.
- „Nachschlagen“ ist innerhalb einer Sekunde nach dem Treffer erlaubt. Hier greift die „One Award“ Regel: Es kann nur ein Punkt vergeben werden. Wenn der Nachschlag gültig ist, bekommt keiner Punkte. Im Prinzip also: Doppeltreffer erlaubt, Punkte gibts nicht.
- Doppeltreffer werden nicht gewertet.
- Stiche sind erlaubt, Trefferfläche ist auf Brust, Rücken und Kopf limitiert.
- Schläge müssen aufgeladen werden -> Die Klinge muss 70° bis 90° bewegt werden, bevor sie auftrifft.
- KEINE gültige Trefferfläche ist: Hals, Hinterkopf, Unterleib (Geschlechtsteile), unterhalb des Knies, Hände und Schwertgriff.
- Kein Ringen
LSL – Lightspeed Saber League
Die Lightspeed Saber League hat ein relativ ausführliches Regelbuch, in dem ziemlichalles geregelt wird, was den Kampf, die Ausrüstung und das Schiedsrichten angeht. Der Kampf an sich kommt mir – trotz der vielen Regelungen – eher frei vor.
- Kein Stechen
- Hände sind Trefferfläche
- Unterleib ist verboten
- Kampf wird nach Punkt unterbrochen
Ludosport
Ludosport ist ein ganz eigenes System, dass jede einzelne Bewegung umfasst, bis hin zum Stil der Bewegungen, der ebenfalls sehr wichtig ist. Generell wird mit Leichtkontakt gekämpft, was bedeutet, es soll nur eine sehr leichte Berührung geben. Das finde ich bei den schnellen, akrobatischen Bewegungen, die man bei Ludosport sieht, auch sinnvoll. Einige Kämpfer tragen eine Schutzbrille, Handschuhe sind vorgeschrieben. Aber das wars dann auch schon an Schutzausrüstung. Kein Vergleich zu anderen Systemen, die komplett in HEMA oder Hockey Ausrüstung eingepackt sind.
Mit LamaDiLuce hat Ludosport sogar einen eigenen Ausrüster, der sich um alle weltlichen Belange kümmert. Ist auch sinnvoll in so einem Francise System.
- Kein (direktes) Stechen
- Keine (absichtlichen) Angriffe ins Gesicht. Wenn der Gegner sein Gesicht selbst zur Klinge bewegt, kann das trotzdem ein valider Treffer sein. Ansonsten ist der ganze Körper Trefferrläche
- non-mortale Treffer werden per IH angezeigt und bringen dem Kämpfer einen Vorteil, weil der getroffene Kämpfer sein Schwert aus dem Weg bewegen muss. Mortale Treffer werden durch OH angezeigt und stoppen den Kampf
- Doppeltreffer werden (je nach Kampfmodus) mit 0 Punkten gewertet. Es kann aber sein, dass das von Nachteil ist, wenn der Kampfmodus nur eine bestimmte Anzahl Angriffe erlaubt
- Kein Angriffsrecht
- Kein „aufladen“ der Klinge durch einen bestimmten Radius
SSCA – Silver Sabres Combat Academy
SSCA benutzt eine abgewandelte Form der LSOT genannt „The Lintom Cup Rules“ (in Gedenken an Susan Linton). Anscheinend war SSCA (UK) einmal mit der SSL (Frankreich) verbunden, aber dann gab es eine Trennung. Die Gründe dazu sind mir nicht im Detail bekannt. Ihr fragt euch vielleicht, warum der Link die Regeln auf deutsch präsentiert: Es gibt Verbindungen zwischen SSCA und der Braunschweiger Fechtkultur (YAY!).
- Ununterbrochenes Kämpfen.
- Angemessenes, theatralisches sterben bei erreichen der 0HP gibt einen +1 Damage Token in der nächsten Runde.
- Hände sind keine Trefferfläche
- Nur Semi-Kontakt
- Schläge müssen vorsätzlich passieren (keine zufällige Berührung ohne Absicht)
- Die Klinge muss einen Weg von 90° zurücklegen
- Doppeltreffer zählen für beide Kämpfer
- Kein Angriffsrecht
- Keine Stiche
- Keine Waffenlosen Techniken
Zusammenfassung
System | Punkte rückwärts | Stiche | Semikontakt | Angriffsrecht | Klinge aufladen | Ringen | Unterbrechungen | Hände | Doppeltreffer |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
SSL | Y | N | Y | N | Y | N | N | N | |
ASL-FFE | N | Y | Y | ||||||
Aiken Saber Academy | N | N | Y | Y/N | Y | N | Y/N | Y | N |
TSL | Y | Y | Y | N | Y | N | N | ||
LSL | N | Y | Y | N | N | N | Y | Y | Y |
SSCA | Y | N | Y | N | Y | N | N | N | Y |
Ludosport | N | N | S | N | N | N | Y | Y | N |
Tja, was machen wir jetzt damit? Ich finde ich es interessant, auf welche Details die verschiedenen Gruppen Wert legen. Für mich persönlich muss ich sagen, ich fühle mich zu einer Verbindung aus SSCA und Lundosport hingezogen. SSCA hat ein sehr gutes Regelwerk, dass einen guten Kampf und eine gute Show bietet. Allerdings könnte man vielleicht ein wenig Stil von Ludosport übernehmen, um die Sache noch gefälliger fürs Auge zu gestalten und so Publikum anzuziehen.
Ich bin sehr gespannt, in welche Richtung sich die deutsche Szene entwickelt.
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